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Barrierefreiheit im Internet: Digitale Inhalte für alle

5 Min. Lesezeit
25.03.2024

In der allgemeinen Wahrnehmung wird Barrierefreiheit in erster Linie mit physischen Anpassungen wie geeigneten Rampen für Rollstuhlfahrer:innen oder Bodenleitsystemen für Sehbehinderte in Bahnhöfen in Verbindung gebracht. Doch der Begriff geht weit über das Physische hinaus und erstreckt sich auch auf den digitalen Raum. Erfahren Sie im vorliegenden Artikel mehr über die Bedeutung von Barrierefreiheit im Internet und welche Faktoren dabei zu berücksichtigen sind.

Barrierefreiheit im Internet

Gemäß § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) wird die Barrierefreiheit auch auf „Systeme der Informationsverarbeitung“ angewandt. Der deutsche Begriff „Barrierefreiheit“ kann zu Missverständnissen führen, insbesondere wenn er sich auf abstrakte Bereiche wie das Internet bezieht. Es kann daher hilfreich sein, sich am englischen Begriff „Accessibility“ zu orientieren, der wörtlich übersetzt so viel wie „Zugänglichkeit“ bedeutet. Im Kontext der digitalen Barrierefreiheit wird im Englischen in der Regel zwischen „Accessibility“ und „Usability“ unterschieden. Diese Unterscheidung führt zu einer gewissen Komplexität im Themenfeld der digitalen Barrierefreiheit.

Es ist schwierig, die genaue Anzahl der Menschen zu quantifizieren, die auf ein barrierefreies Internet angewiesen sind. Es lässt sich jedoch feststellen, dass Barrierefreiheit allen Internetnutzer:innen zugutekommt, da die Zielgruppe breit und vielfältig ist. Visuelle Einschränkungen, Hörbeeinträchtigungen, Aufmerksamkeitsstörungen, motorische Schwierigkeiten, altersbedingt eingeschränkte Fähigkeiten im digitalen Bereich, eine schlechte Internetverbindung und das Fehlen von Geräten wie einer Maus sind nur einige der Einschränkungen, mit denen Menschen konfrontiert sein können. Darüber hinaus können situationsbedingte Barrieren wie Helligkeit oder Lautstärke sowie kognitive Einschränkungen die Zugänglichkeit weiter erschweren.

Barrierefreiheit von Websites

Die Barrierefreiheit von Websites hängt maßgeblich von der Qualität des HTML-Codes ab. Die Optimierung des Codes trägt nicht nur zur Barrierefreiheit bei, sondern verbessert auch das Suchmaschinen-Ranking (SEO) und die Platzierung in den Suchergebnisseiten (SERP), obwohl Barrierefreiheit im engeren Sinne kein direkter Rankingfaktor ist. Eine optimierte Barrierefreiheit erleichtert Suchmaschinen-Crawlern die semantische Erfassung des HTML-Markups, was wiederum zu einer verbesserten SEO-Leistung führt. Dieser Aspekt ist auch für mobile Websites relevant, da deren SEO-Ergebnisse wiederum ausschlaggebend für die Indexierung auf der Suchergebnisseite sind. Barrierefreie Websites fördern also nicht nur die soziale Gleichstellung, sondern führen auch zu mehr Traffic.

Aktuelle Richtlinien für die Barrierefreiheit von Websites

Konkrete Vorgaben zur Gewährleistung der Barrierefreiheit von Websites sind in der Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung – BITV 2.0) festgelegt. Diese Verordnung verpflichtet öffentliche Stellen wie Behörden, Organe der Rechtspflege und andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen zur Umsetzung von Barrierefreiheitsstandards auf ihren Websites. Darüber hinaus erstrecken sich die Anforderungen der Barrierefreiheit nicht nur auf Websites, sondern auch auf „mobile Anwendungen, elektronisch unterstützte Verwaltungsabläufe, […] grafische Programmoberflächen“ (§ 2 Abs. 1 BITV). In diesen Bereich fallen auch PDF-Dokumente.

Wer legt die Richtlinien zur digitalen Barrierefreiheit fest?

Grundlegende Empfehlungen zur digitalen Barrierefreiheit sind in den Web Content Accessibility Guidelines enthalten. Das Regelwerk wurde erstmals 1999 vom World Wide Web Consortium (W3C) und der dazugehörigen Web Accessibility Initiative (WAI) veröffentlicht. Heute bilden diese Richtlinien die Grundlage für alle nationalen und internationalen Gesetze zur digitalen Barrierefreiheit.

Bunte Wand mit Hinweis auf einen barrierefreien Zugang

Konkrete Elemente der Barrierefreiheit

Die digitale Barrierefreiheit umfasst zehn Punkte, die anhand der W3C WAI Easy Checks überprüft werden können. Im Folgenden sind diese Punkte zusammengefasst:

  • Der Seitentitel sollte das Thema der Webseite klar erkennen lassen.
  • Bilder und Videos sollten Alternativtexte enthalten, die das Gezeigte beschreiben.
  • Überschriften müssen deutlich gekennzeichnet und als solche erkennbar sein, wobei keine Ebene überschritten werden darf: Nach <h1> folgt <h2> usw.
  • Das Kontrastverhältnis muss in jedem Fall mindestens 4,5:1 betragen.
  • Texte können überschneidungsfrei auf bis zu 200 % vergrößert werden.
  • Alle relevanten Elemente können ausschließlich über die Tastatur bedient werden (auch Kontaktformulare).
  • Drop-down-Menüs müssen korrekt beschriftet und falsch oder unvollständig ausgefüllte Kontaktformulare eindeutig gekennzeichnet sein.
  • Bewegliche, aufleuchtende oder blinkende Inhalte müssen pausiert werden können, wenn sie automatisch starten und länger als fünf Sekunden dauern.
  • Videos benötigen Untertitel, die nicht automatisch generiert werden, wie beispielsweise bei YouTube.
  • Texte müssen in einer sinnvollen Reihenfolge erscheinen, was durch die Deaktivierung von Bildern und CSS überprüft werden kann.

Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten

Die Barrierefreiheit von PDF-Dokumenten wird durch die Einbettung von strukturierten Informationen und Merkmalen in das Dokument gewährleistet. Analog zu HTML sollten auch PDFs eine klare und logische Textstruktur aufweisen, um von Screenreadern korrekt interpretiert werden zu können. Bilder können mit alternativem Text versehen werden, um Menschen mit Sehbehinderungen die in den Bildern enthaltenen Informationen zugänglich zu machen.

Zusätzlich können PDF-Dokumente mit Metadaten wie Titel, Autor:in, Thema und Schlagwörtern versehen werden, um die Identifizierung des Dokuments zu erleichtern und assistive Technologien zu unterstützen. Die Gestaltung barrierefreier Formulare in PDFs erfolgt über eindeutige Beschriftungen der Formularelemente, die Integration von ARIA-Eigenschaften (Accessible Rich Internet Applications) und die Gewährleistung einer logischen Tabulatorfolge.

Ähnlich wie bei Websites ist es wichtig, dass Farben nicht die alleinige Methode der Informationsvermittlung darstellen. Zusätzliche Unterscheidungsmerkmale sind erforderlich, um die Informationen für Menschen mit Farbsehschwäche oder anderen visuellen Einschränkungen zugänglich zu machen.

Brailleschrift auf Metalltafel

Es ist anzumerken, dass die Erstellung barrierefreier PDF-Dokumente nicht ausschließlich von der verwendeten Software abhängt. Spezialisierte PDF-Editoren bieten Werkzeuge zur Erstellung und Überprüfung der Barrierefreiheit von PDFs an. Es wird empfohlen, diese Werkzeuge zu nutzen und die spezifischen Anforderungen der jeweiligen Barrierefreiheitsstandards zu berücksichtigen, um sicherzustellen, dass PDF-Dokumente für alle Nutzer:innen zugänglich sind.

Zur Überprüfung der Barrierefreiheit eines PDF-Dokuments eignet sich beispielsweise der PDF Accessibility Checker (PAC).

Exkurs: Einbettung von Schriften

Für eine optimale Lesbarkeit empfiehlt es sich, Schriften in Dokumente einzubetten. Viele große Unternehmen verwenden eine eigens ausgewählte Hausschrift, die entweder neu designt oder lizenziert wurde. Durch den Erwerb der entsprechenden Lizenz können Sie Ihre Hausschrift installieren, was bedeutet, dass die Schriftdateien direkt auf Ihrem Computer verfügbar sind und in verschiedenen Anwendungen genutzt werden können. Allerdings ist dies in der Regel nicht ausreichend.

Wenn Sie beabsichtigen, ein Dokument extern zu versenden, muss die Schriftart vorher eingebettet werden. Nur so können Sie sicherstellen, dass das Dokument auf anderen Geräten, auf denen die Schriftart nicht installiert ist, korrekt angezeigt wird.

Die Einbettung von Schriften in Dokumente kann jedoch zu einer erheblichen Erhöhung der Dateigröße führen, da automatisch die gesamte Schriftdatei eingebettet wird, selbst wenn nur einzelne Zeichen benötigt werden. Diese Schriftdatei enthält verschiedene Zeichensätze sowie Informationen über die Schrift selbst. Die zusätzlichen Metadaten sind notwendig, um die Schrift richtig zu identifizieren und zu verarbeiten, führen aber gleichzeitig zu einer entsprechenden Vergrößerung der Dokumentdatei.

Das Problem liegt darin, dass bei bestimmten Dateiformaten wie PDF eine starke Komprimierung der eingebetteten Schriften ohne Qualitätsverlust nicht möglich ist. Dennoch ist eine qualitätsoptimierte Einbettung im Sinne der Barrierefreiheit erstrebenswert.

Lösungsansatz

Es gibt zwei Lösungsansätze, um dieses Problem zu bewältigen. Zum einen können Sie auf Systemschriften wie Arial oder Times New Roman zurückgreifen, die bereits auf den meisten Geräten und Betriebssystemen vorinstalliert sind. Dadurch werden Darstellungsprobleme und ein massiver Qualitätsverlust vermieden.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Cloud Fonts zu nutzen. Diese Schriftarten sind nicht zwangsläufig lokal auf den Endgeräten der Nutzer:innen installiert, sondern werden in der Regel dynamisch von einem Server geladen, wenn die Website oder Anwendung aufgerufen wird.

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